Yoga mit Handproblemen
Warum ich als Yogalehrerin meine Yogapraxis ändern musste und aus einem Fahrrad-Unfall mit Folgen auch etwas positives gewinnen konnte.
Yoga am Montagmorgen
Ein verregneter Herbsttag nahm seinen Lauf
24. Oktober 2022 ein verregneter Montag-vormittag im Herbst.
Ich fahre wie immer von meinem Yogafrühkurs mit dem Fahrrad nach Hause und möchte links in eine Straße einbiegen. Dabei rutscht das Vorderrad über feuchtem Laub und dreht sich fast 180°. Mein Reaktionsvermögen ist schnell, bevor ich ganz falle, stütze ich mich mit der linken Hand ab.
Ist ja gerade nochmal gutgegangen, dachte ich, während ich meinen linken Zeigefinger wieder zurücklege, weil er komisch gespreizt aufliegt.
Das Fahrrad wieder in Position gebracht und ab nach Hause.
Da erstmal nichts schmerzte, ging mein Tag weiter wie geplant. Also gab ich abends noch einen Pilateskurs, wo ich Übungen samt Handstützen vorzeigte. In der Nacht machte sich das Fingergelenk bemerkbar und am Morgen auch sichtbar, in schönem Blau.
Handprobleme – Die Gewissheit
Also reihte ich mich in die Schlange beim Orthopäden ein, um mir dann nach Röntgenbild und anschließendem CT, sagen lassen zu müssen, dass ich eine Fraktur des Grundgelenks vom Zeigefinger einschließlich Sehnenabriss zwischen Mittel- und Zeigefinger habe. Komplizierte Sache, sagte mein Orthopäde, verpasste mir eine Schiene und gab mir eine Überweisung für eine Fachabteilung im Krankenhaus zwecks Operation mit. Außerdem sprach er von längerer Krankschreibung, die ich da selbständiges Einzelunternehmen, leider nicht annehmen konnte.
Yogapraxis
„Da haben wir den Salat“.
„Was nun?“.
Gedankenwirrwarr …..
Da die Hand nun geschient war und ich keine Schmerzen hatte, beschloss ich meine Yoga- und Pilateskurse vorerst stattfinden zu lassen. Als Kursleiterin ist es nicht notwendig alle Übungen vorzumachen. Man muss nur klare Anweisungen geben können. Dies funktioniert allerdings nur, wenn man keinen Anfängerkurs startet. Da ich eine langjährige treue Kursgemeinschaft hatte und habe, erstellte ich ein Programm mit klassischen Übungen, die jede/r kannte.
Die Operation
Nach 2 Wochen und mehreren Voruntersuchungen und Gesprächen, stand
nun die Operation an. Gemäß des Chirurgen, muss bei der 1. Operation ein Stück Knochen samt seiner Sehne mit dem Zeigefingergelenk verdrahtet werden und dann nach 6-8 Wochen die Verdrahtung wieder entfernt werden. Danach soll ich mich auf eine lange Zeit der Wiederherstellung von Bewegung und Funktionalität der Finger einstellen.
Er sprach von Monaten…
Die Operation wurde durchgeführt und ich musste aufgrund der nun doch auftretenden Schmerzen,
der ständigen Verbandswechsel und bis zum Fäden ziehen, 2 Wochen meine Kurse ausfallen lassen.
Vom Händling
In der Zwischenzeit übte ich zuhause einhändiges Waschen, Toilettengang, An- und Ausziehen,
Brötchen schmieren… usw. Für vieles andere musste mein Mann einspringen,
vom Flasche aufdrehen bis zum Chauffieren zum Arzt.
Ah, hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich Linkshänderin bin?
Ich hörte immer den Spruch „Sei froh, dass es die linke Hand ist“.
NEIN, ich bin nicht froh…, ich bin mit der rechten Hand ziemlich ungeübt.
Yoga mit Handproblemen planen
Nach dem Fäden ziehen der 1. Operation bekam ich einen Gips und ich fühlte mich sicherer im Umgang mit der Hand. Ich wollte und musste (da hauptberuflich selbständig) wieder meine Kurse geben.
In der Kursvorbereitung hatte ich erstmal viele Übungen zusammengestellt, wo man keine Handstützen einnehmen muss oder wo ich die klassischen Grundübungen ansage, die meine KursteilnehmerInnen
aus dem Effeff kannten.
In der ganzen Zeit hatte ich keine neuen Interessenten aufgenommen, da es mir nicht machbar
gewesen wäre, die Übungen vorzuzeigen bzw. zu korrigieren.
Nach 8 Wochen stand die 2. OP an, wo die Drähte entfernt werden mussten. Also wieder 2 Wochen warten, bis die Fäden der Naht entfernt werden konnten. Wieder konnte ich keine Kurse geben.
Ergotherapie
Ich hatte mich noch vor der 1. Operation bei der Ergotherapie auf die Warteliste setzen lassen, um mir
nach der 2. Operation, Fäden ziehen usw. dort einen Platz zu sichern.
3 Monate nach dem Unfall begann ich mit der Ergotherapie. Anfangs 2 x wöchentlich wurde
meine Hand langsam wieder in Bewegung gebracht.
Meine Hand sah wie eine Pranke aus: dick, geschwollen, blau, gekrümmt, innerlich entzündet.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie irgendwann wieder normal aussehen würde.
Aber die Narbe sah wenigsten toll aus, wurde mir immer wieder gesagt 😉
1 Jahr und 3 Monate ging ich wöchentlich zur Ergotherapie. Die Hand nahm langsam wieder Form an.
Die Beweglichkeit wurde besser. Allerdings wurde mir nach dieser Zeit gemäß Gutachterin auch gesagt, dass die Beweglichkeit von Mittel- und Zeigefinger immer eingeschränkt bleiben wird. Z.B. lassen sich die Finger nicht mehr zu einer Faust biegen. Aber hey, da gibt es viel Schlimmeres, was einen ereilen kann.
Ich bin froh, diese Zeit hinter mich gebracht zu haben. Mit viel Fleiß, Geduld und Erfindungsreichtum konnte ich mich damit zurechtfinden.
Kurspraxis
In all der langen Zeit der Bewegungseinschränkung habe ich mein Yoga- und Pilates Kursprogramm angepasst. Anfangs sind viele Kurssequenzen ohne Handstützübungen entstanden. Als die Schmerzen weg waren, habe ich alternative Handstützen angewandt, wie Unterarmstütz oder Faust-Auflagen.
Es gibt jetzt nur wenige Übungen/Haltungen, die ich mit meiner linken Hand nicht ausführen kann
und dafür nutze ich dann die Alternativen.
Positives Fazit
Da ich hauptsächlich mit KursteilnehmerInnen 50+ zusammenarbeite, kommt diese Erfahrung mit meiner Hand auch ihnen zugute. Einige haben Arthrose in den Fingern, Karpaltunnelsyndrom oder Nervenerkrankungen. Wir alle können aus diesem Erfahrungsschatz profitieren. Auch mit Bewegungseinschränkungen kann und sollte man aktiv bleiben.
Es gibt immer die Möglichkeit Yoga oder Pilates zu machen und es gibt keinen Grund in volle Schonung
zu gehen. Wenn die Hände nicht funktionieren, tun es der Kopf, der Rumpf und die Beine immer noch.
Das Positive dieser ganzen Situation ist, dass ich ein praxisnahes erprobtes Programm zusammengestellt habe, dass Menschen mit verschiedenen Bewegungseinschränkungen der Hände oder Handgelenke durchführen können. Bei leichten Einschränkungen kann man auf andere Stützhaltungen zurückgreifen und für Betroffene mit starken Bewegungseinschränkungen gibt es ein komplettes Yogaprogramm, was ganz ohne Handstützen auskommt.
Also gib nie auf! Es gibt immer Möglichkeiten, dich mit plötzlich auftretenden Veränderungen in deinem Leben zu arrangieren. Auch wenn es anfänglich schwer fällt, mit Geduld, Disziplin und einem Schritt raus aus der Komfortzone können auch wunderbare Dinge und Veränderungen auf dich warten.
Ich danke dir für dein Interesse und wünsche dir alles Gute.
Manuela
Informatives
Wenn auch Du betroffen bist, kann dich vielleicht folgendes von mir unterstützen:
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Fotos: Pexels
